Prinzenraub durch Kunz von Kaufungen
In den frühesten Morgenstunden des 8. Juli 1455 entführte Kunz von Kaufungen die beiden Söhne des damaligen sächsischen Kurfürsten Friedrich II., dem die alte Geschichte den Zunamen der Sanftmütige beilegte.
Wie kam es dazu ?
Friedrich und Wilhelm, die Söhne Friedrichs I., des Streitbaren, waren bei der Teilung des väterlichen Erbes in Streit geraten, und es entbrannte zwischen den beiden männlichen Nachkommen von 1446-1451 der sogenannte sächsische Bruderkrieg, ein Fürstenzwist, der unserem Sachsenlande unheimlichen Schaden zufügte. Die meisten wüsten Marken unserer Heimat - auch unser Dörfchen Reitzenhain und die Kühnhaide - sind auf ihn zurückzuführen, nicht auf den Einfall der Hussiten in Sachsen, wie oft behauptet wird. Jeder der beiden Brüder suchte nach damaliger Sitte den anderen durch Schädigung seines Besitzes, also auch durch Zerstörung und Brandschatzung von Städten und Dörfern, durch Plünderung der Untertanen des Gegners, zum Nachgeben zu zwingen. Von seinem Schlosse Eisenstein in Böhmen aus knüpfte Kunz Verbindungen an mit seinen früheren Kampfgefährten und auch mit einigen ehemaligen Gegnern. Mit ihnen ersann er den tollkühnen Plan, sich nicht an Land und Leuten des Kurfürsten, sondern an dessen "eigenem Leib und Blut" zu rächen. Kunz, nach Sachsen zurückgekehrt, verbarg sich bei der befreundeten Familie von Meckau im Schlosse Kohren und wartete dort auf günstige Nachricht von dem ihm ergebenen "Küchenjungen" Hans Schwalbe, der im Schlosse Altenburg tätig war. Dieser benachrichtigte seinen Auftraggeber schriftlich von der Abreise des Landesfürsten nach Leipzig und von der schwachen Besatzung des Schlosses. In der Nacht vom 7. zum 8. Juli erstieg Kunz auf Strickleitern mit seinen Helfern Wilhelm von Mosen, Wilhelm von Schönfeld, seinem Knappen von Schweinitz und mehreren Knechten das Schloss und holte die Prinzen Ernst und Albrecht aus den Betten. Auf verschiedenen Wegen eilten die kühnen Räuber der böhmischen Grenze zu. Kunz von Kaufungen ritt mit Albrecht durch die Leine, dann über Wolkenburg, Kaufungen, durch die Rabensteiner Wälder in Richtung Elterlein. Mosen und Schönfeld wollten das gemeinsame Ziel Eisenstein über Zwickau erreichen. Bei dem später als Fürstenbrunnen bezeichneten Quell rastete Kunz und ließ den Prinzen Erdbeeren pflücken, der sich bei dieser Gelegenheit mit dem in der Nähe arbeitenden Köhler Georg Schmidt verständigen konnte. Kunz und von Schweinitz wurden von Schmidt, dessen Frau und einigen herbeigeeilten Köhlern überwältigt und nach dem nahen Kloster Grünhain, später nach Zwickau gebracht. Abt Liborius geleitete den befreiten Prinzen sofort nach Altenburg. Schönfeld und Mosen hatten sich eingeschüchtert durch das Sturmläuten im Lande, mit ihrem Raube in eine Höhle in der Nähe des Schlosses Stein - die nachmalige Prinzenhöhle - geflüchtet.